Quantcast
Channel: awilke – PS
Viewing all articles
Browse latest Browse all 13

Goethe am Spitzingsee. Oder: Der stärkste Truck der Welt.

$
0
0

Von ALBRECHT WILKE

Der PS-Blog der Welt versteht sich durchaus als Portal von Intellektuellen für Intellektuelle. Deshalb wollen wir an dieser Stelle nicht einfach nur LKW fahren, sondern damit auch Goethes Italienische Reise nachempfinden – naja, zumindest im Ansatz.

Fuhr Goethe auf seiner Italienischen Reise tatsächlich am Spitzingsee vorbei? Nahm er dabei wirklich Schiller mit? Neueste Erkenntnisse aus bisher unbekannten Aufnahmen bringen Licht ins Dunkel dieser Fragen.
Fuhr Goethe auf seiner ‚Italienischen Reise‘ tatsächlich am Spitzingsee vorbei? Nahm er dabei wirklich Schiller mit? Neueste Erkenntnisse aus bisher unbekannten Aufnahmen bringen Licht ins Dunkel dieser Fragen.

Wenn wir uns schon in einen Lastkraftwagen bemühen, dann geben wir uns aber nicht mit irgendeinem beliebigen zufrieden – sondern nur mit dem besten, was der Markt zu bieten hat. Deshalb fällt unsere Wahl auf den Volvo FH16-750 – dem stärksten Truck der Welt. Mit maximal 750PS und 3550Nm wird er derzeit weltweit von keiner anderen Serienmaschine übertroffen. Dabei stammt sein härtester Gegner aus dem selben Land: der Scania R730. Jedoch muss dieser sich knapp um 20PS und 50Nm geschlagen geben. Den Wettkampf um den Titel des stärksten Trucks der Welt führen Scania und Volvo schon seit Jahrzehnten – mit ständig wechselnder Führung. Nachdem uns der Scania letztes Jahr für einen Test zur Verfügung stand (Scania R730), nehmen wir uns dieses Jahr den Volvo vor.

War Goethe gar kein Dichter von Welt? Sondern nur ein gewöhnlicher Künstler mit einer heimlichen Vorliebe für Truckstyling? Unter diesem furchtbaren Verdacht gewährt die erneute Lektüre seiner Epigramme aus Venedig schockierende Einblicke: Wie, von der künstlichsten Hand geschnitzt, das liebe Figürchen, Weich und ohne Gebein, wie die Molluska nur schwimmt! Alles ist Glied, und alles Gelenk, und alles gefällig, Alles nach Maßen gebaut, alles nach Willkür bewegt.
War Goethe gar kein Dichter von Welt? Sondern nur ein gewöhnlicher Künstler mit einer heimlichen Vorliebe für Truckstyling? Unter diesem furchtbaren Verdacht gewährt die erneute Lektüre seiner ‚Epigramme‘ aus Venedig schockierende Einblicke:
‚Wie, von der künstlichsten Hand geschnitzt, das liebe Figürchen,
Weich und ohne Gebein, wie die Molluska nur schwimmt!
Alles ist Glied, und alles Gelenk, und alles gefällig,
Alles nach Maßen gebaut, alles nach Willkür bewegt.‘

Wir starten mit leichtem Übergepäck von etwas mehr als 40t gen Süden. Für den Motor machen ein paar Tonnen mehr oder weniger keinen Unterschied – der zieht auch einige hundert. Nur das BAG, das Bundesamt für Güterverkehr, darf nicht zu genau hinschauen. Doch nach der ersten Mahlzeit mit viel guter Hausmannskost haben wir sowieso sämtliche Gewichtsgrenzen überschritten und müssen die Fuhre als Schwerlasttransport anmelden. Welch glücklicher Umstand, dass der Wagen so hoffnungslos übermotorisiert ist! Wir düsen den Pass zum Spitzingsee fast doppelt so schnell hinauf wie ein im Fernverkehr üblicher LKW. Für die Überquerung der Alpen die perfekte Maschine! Und die Abfahrt gelingt ebenso mühelos: Durch die Motorbremse mit 640PS benötigt der Volvo keinen Retarder. Nur in ganz steilen Stücken muss man mit der Betriebsbremse ein wenig nachhelfen, weil ansonsten die Drehzahl zu sehr ansteigen bzw. das Getriebe hochschalten würde. Der Fahrkomfort ähnelt dem eines PKW – zugegebenermaßen dem eines sehr großen PKW: Die Vorderräder, über denen Fahrer und Beifahrer sitzen, sind an einer Einzelradaufhängung montiert, die Fahrbahnunebenheiten wesentlich besser abfängt als eine Starrachse. Auch sonst nichts zu merken von dem ehemals schweißtreibenden LKW-Arbeitsplatz: Automatik-Getriebe, elektrische Feststellbremse und auf Wunsch alle nur erdenklichen Annehmlichkeiten wie Sitzheizung, -kühlung oder 19-Zoll-Fernseher.

In diesem Wagen fuhr Goethe angeblich auf seiner Italienischen Reise. Aber wie sich jetzt herausstellt, reiste er in Wahrheit in einer enorm komfortablen Fernfahrerkabine. (Quelle: goethezeitportal.de)
In diesem Wagen fuhr Goethe angeblich auf seiner ‚Italienischen Reise‘. Aber wie sich jetzt herausstellt, reiste er in Wahrheit in einer enorm komfortablen Fernfahrerkabine.
(Quelle: goethezeitportal.de)

Oben am Spitzingsee auf etwa 1100m Höhe angekommen, können wir die alten Überlieferungen von Reisestrapazen nicht nachvollziehen – die Fahrt war doch ganz nett! Ähnlich kräftig motorisiert muss schon Hannibals im Tierlook gepimpte Zugmaschine gewesen sein – nur eben mit einer Cabrio-Karosserie.

Auch eine originelle Idee für Truckstyling: Man sitzt luftig in einer offenen Kabine, und der Sattelschlepper darunter ist kaum als solcher erkennbar. (Quelle: historyextra.com)
Auch eine originelle Idee für Truckstyling: Man sitzt luftig in einer offenen Kabine, und der Sattelschlepper darunter ist kaum als solcher erkennbar.
(Quelle: historyextra.com)

Inspiriert von so viel bemerkenswertem Fernfahrertum an dieser geschichtsträchtigen Stätte, treten wir wieder die Heimfahrt an. Bis nach Italien hat es nicht gereicht, aber mit dem Volvo FH 16-750 hätten wir es mühelos geschafft. Vielleicht bringen wir das irgendwann einmal zu Ende!

Der Beitrag Goethe am Spitzingsee. Oder: Der stärkste Truck der Welt. erschien zuerst auf PS.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 13