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Der beste Geländewagen der Welt

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Von ALBRECHT WILKE

Ja, ich habe mich festgelegt: Nach zahlreichen Tests mit verschiedensten Pkw und Lkw ist für mich der Tatra T815-7 8×8 der beste Geländewagen der Welt.

„Mehr Tiefgang!“ wurde von der geneigten Leserschaft bei der letzten Fahrzeugvorstellung gefordert. Der Autor müht sich nach Kräften; allerdings kommt diese Forderung bei seinen oberflächlichen Fahrzeugkenntnissen einem Aufruf an den Papst nach mehr Sexappeal gleich. Doch zumindest sei die geneigte Leserschaft versichert, dass der Tatra T815-7 8×8 über mehr als genug Tiefgang verfügt – über 1500 Millimeter, um genau zu sein.

Natürlich ist jedes Testresultat abhängig von den zugrunde gelegten Testkriterien und jeder Fahrvergleich trotz aller Objektivität ein Stück weit subjektiv. Für mich sind bei dieser Entscheidung nicht allein die reinen Geländemesswerte, sondern auch die ihnen zugrunde liegenden Technikkonzepte ausschlaggebend gewesen. (Falls Ihnen dieser Abschnitt zu trocken vorkommt, überspringen Sie ihn bitte.)

So erzielt der T815-7 8×8 Bestwerte wie beispielsweise die eingangs angesprochene Wattiefe von 1500 Millimeter. Auch kann er eine Grabenweite von 2100 Millimeter sowie eine Stufenhöhe von 600 Millimeter überschreiten. Und schließlich werden alle diese Zahlen mit einer Zuladung von 24 Tonnen sowie bei einer Temperaturtoleranz von -32 bis +49 Grad Celsius gemessen.

Aber das eigentlich Geniale liegt in der Bauweise des Fahrzeugs. So besitzt der T815-7 8×8 keinen gewöhnlichen Leiterrahmen, sondern einen sogenannten Zentralrohrrahmen. Das heißt, dass das Gehäuse des Antriebsstrangs gleichzeitig als die substructure (Unterbau / tragende Konstruktion – vergleichbar mit Leiterrahmen) für die superstructure (Aufbau / aufgesetzte Konstruktion – zum Beispiel Vorbereitung für Kipper oder Wohnkabine) dient.

Diese Bauweise spart Gewicht und schützt den Antriebsstrang vor Beschädigungen bei Bodenberührungen. Früher immerhin mäßig verbreitet, wird sie heute nur noch von Tatra in der Serienproduktion benutzt. Sie geht einher mit einer weiteren Besonderheit der Marke: den frei-schwingenden Halbachsen. Der Unterschied zu Starrachsen liegt darin, dass bei jeder Achse Auf- und Abbewegung auf der rechten und linken Fahrzeugseite unabhängig voneinander ablaufen.

Wenn also die eine Halbachse durch ein Hindernis nach oben gedrückt wird, zieht es die andere Halbachse nicht automatisch nach unten und umgekehrt. Demzufolge bleibt das Fahrzeug bei unebener Strecke insgesamt ruhiger – je höher die Geschwindigkeit, desto größer der Unterschied zu einem Fahrzeug mit Starrachsen.

Prinzipiell ist der T815-7 mit zwei bis sechs Achsen, also als 4×4- bis 12×12-Allradversion, verfügbar. Dabei bietet der 8×8 den besten Kompromiss aus ausgewogener Fahrweise und Wendigkeit. Denn im Gegensatz zu einem Zwei- oder Dreiachser bleibt auch der vordere Teil des Fahrzeugs bei hoher Geschwindigkeit in grobem Gelände ruhig. Und im Gegensatz zu einem Fünf- oder Sechsachser lässt sich der Wagen in relativ kleinen Radien um Hindernisse herum steuern. Wobei es freilich nicht viele Hindernisse gibt, denen man mit diesem Gefährt ausweichen müsste.

Wegen seiner Eigenschaften als Offroad-Monster ist dieser Wagen nicht gerade auf einer Naturschützerkonferenz vorzeigbar, aber dies ist ja auch nicht die “taz” (pardon an die Kollegen). Daher findet dieser Test auch ganz und gar frei vom Ballast jeglichen grünen Gewissens statt.

Ob der Tatra AGR (Abgasrückführung) und SCR (Selektive Katalytische Reduktion) hat? Eher nicht so. Nicht, dass die Firma Tatra keine Euro6-Norm schaffen würde, aber ganz sicher nicht mit dem T815-7 8×8, der ausschließlich für das Militär gebaut wird.

Und wie steht es um den Verbrauch? Gut 50 Liter auf 100 Kilometern sollte man einplanen,  im Gelände auch gern mehr. Dafür fasst der Tank ja auch 420 Liter, sodass man mit einer Füllung immerhin 750 Kilometer weit kommt – auf der Straße, natürlich.

Dieser Klang des Motors, ein Traum! Ein luftgekühlter V8, schon im Leerlauf ein Genuss, und erst bei Vollgas! Als wäre das nicht genug, kommt dann noch das unvergleichliche Fahrgefühl im Gelände dazu. Mit der dreifachen Geschwindigkeit wie herkömmliche Geländewagen über eine Buckelpiste hinwegbügeln? Überhaupt kein Problem. Die Böschung einfach mit den Grobstollenreifen abgraben? Aber klar doch. Freude am Fahren? Wie mit keinem anderen.

Der Tatra T815-7 8×8 wäre der Wirklichkeit gewordene Traum von einem Geländewagen, hätte er nicht einen klitzekleinen Makel: Er ist nicht als zivile Version auf dem freien Markt verfügbar; mehr als die Euro3-Norm ist mit diesem Motor nicht drin.

Selbst als Millionär mit eigener Tankstellenkette können Sie ihn nicht kaufen. Warum Ihnen dann erst der Mund wässrig gemacht wird? Zum einen, weil der T815-7 8×8 einfach der beste Geländewagen der Welt ist. Zum anderen, weil Tatra außer ihm noch jede Menge andere spaßbringende Fahrmaschinen am Start hat.

Der Beitrag Der beste Geländewagen der Welt erschien zuerst auf PS.


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