Von ALBRECHT WILKE
Für alle Fans von Robert Byrons Klassiker „The Road to Oxiana“ und für alle Freunde des Reisens haben wir an dieser Stelle das ultimative Automobil dazu: den Mercedes-Benz Zetros.
„Special Truck“ beschreibt den Zetros gut – im positiven Sinne
Warum gerade diesen Wagen: einen Gelände-Lkw? Nun, zum Weltreisen bedarf es eines Fahrzeugs mit einer bestimmten Mindestgröße, um einigermaßen bequem darin zu übernachten. Auch eine Mindestgeländegängigkeit braucht es, um außerhalb Europas auf kaum ausgebauten Straßen voranzukommen.
Damit schränkt sich die Auswahl recht schnell auf die Fahrzeugklasse jenseits von 3,5 Tonnen ein, Allradantrieb sollte selbstverständlich sein. Sicher gibt es auch in dieser Fahrzeugklasse andere Kandidaten, doch der Zetros sticht mit seinem Retro-Stil heraus. Einen Hauben-Lkw, also einen Truck mit hinter dem Motorraum und der Vorderachse liegender Kabine, findet man sonst nirgends auf dem Markt.
Der Testabschnitt „Trümmerfeld“ wird mühelos bewältigt
Warum ist Mercedes-Benz zu diesem 50er-Jahre-Look zurückgegangen? Rein aus optischen oder auch aus technischen Gründen? Wohl eher letzteres. Denn der Wagen gleitet deutlich ruhiger über Unebenheiten als ein Frontlenker-Lkw, also ein Truck mit über dem Motorraum und der Vorderachse liegender Kabine.
Die Übersichtlichkeit fällt bei einem Hauben-Lkw zwar schlechter aus. Aber das ist nur im Gelände gewöhnungsbedürftig, weil man beim Überfahren einer Kuppe nach vorn überhaupt nichts sieht. Im Prinzip fährt es sich, wie wenn man eine G-Klasse steuert – und dabei in deren Kofferraum sitzt. Daher muss man, um nicht von der Strecke abzukommen, sich die gewünschte Fahrtrichtung vor der Kuppe genau einprägen und eine Weile lang blind ansteuern – doch nur Mut: hinter der Kuppe fährt man dann auch wieder auf Sicht.
80 Prozent Steigung sind ohne Probleme möglich – nicht nur bergab
Und wie schlägt sich der Zetros ansonsten offroad? Anständig. Sämtliche Geländewerte sind besser als bei einem durchschnittlichen Gelände-Lkw. Dazu zählen vorrangig die große Bodenfreiheit und die gute Wattiefe. Trotzdem schafft man es selbstverständlich, den Wagen an empfindlichen Stellen aufzusetzen oder unterzutauchen – er ist einfach kein solches Trial-Gerät wie der Unimog.
Aber der Zetros ist so wunderbar unverwüstlich: Starrachsen, Blattfedern und Trommelbremsen – der Stoff, aus dem die Träume von Fahrzeugpuristen sind. Damit muss man ihn schon auf eine Mine fahren, um den Unterboden kaputtzukriegen. Beispielsweise sind die Achsen keine komplexe Portalkonstruktion wie beim Unimog, lassen sich dafür jedoch von jedem Dorfschmied in Zentralasien wieder notdürftig herrichten, sollten sie doch einmal Schaden nehmen.
Übrigens ist das Fahrzeug auch mit zwei Hinterachsen verfügbar, was bei einem Wohnmobil außer einem erhöhten Reifenabrieb allerdings nicht viel bringt – es sei denn, man befördert regelmäßig ganze Schulklassen und benötigt eine Zuladung von über 10 Tonnen.
Für die marode A7 zwischen Würzburg und Ulm: Reifengröße 14.00 R20 zum Überfahren von Schlaglöchern
Insgesamt stellt der Zetros das ideale Familienurlaubsauto dar – nur leider können ihn sich die wenigsten Leute leisten – und wenn, dann meist erst in einem Alter, in dem ihre Kinder schon wieder zu Hause ausgezogen sind. Also, liebe Leser, falls Sie es beruflich schon zu mindestens 140.000 Euro Überschuss gebracht haben, holen Sie sich dieses Riesengefährt für eine Weltreise mit Ihren Kindern, oder zumindest noch mit Ihren Enkeln.
Falls die Rolltreppe einmal außer Betrieb ist, muss man trotzdem nicht die Stufen hinablaufen
Der Beitrag The Truck to Oxiana erschien zuerst auf PS.